Steuerliche Liebhaberei – der unsichtbare Feind für Marketer

Wir haben uns mit der steuerlichen Komponente der Teilnahme an einem MLM-Unternehmen auseinandergesetzt und fachliche Einschätzungen internationaler Anwälte eingeholt. Eines ist sicher: Wenn das zuständige Finanzamt eine wirtschaftliche Tätigkeit als Liebhaberei einstuft, hat das oft gravierende Konsequenzen. Wer glaubt, dies sei nur eine Formalität oder betreffe lediglich Hobbyunternehmer, irrt gewaltig. Eine falsche Einschätzung kann nicht nur Steuervorteile zunichtemachen, sondern sogar zu erheblichen Rückforderungen führen.

Was bedeutet Liebhaberei aus Sicht der Finanzbehörden?

Liebhaberei liegt vor, wenn eine Tätigkeit nach Ansicht des Finanzamtes nicht mit der Absicht betrieben wird, nachhaltig Gewinne zu erzielen. Das Finanzamt bewertet in solchen Fällen, ob es sich um ein ernsthaftes wirtschaftliches Unternehmen handelt oder eher um ein privates Hobby. Die Folgen sind drastisch:

  • Keine steuerliche Anerkennung von Verlusten: Verluste dürfen nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden.
  • Keine Umsatzsteuererstattung: Vorsteuerbeträge werden nicht mehr erstattet.
  • Keine steuerlichen Vergünstigungen: Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind nicht abzugsfähig.
  • Mögliche Rückforderungen: Bereits anerkannte Verluste können nachträglich aberkannt werden.

Wann wird eine Tätigkeit als Liebhaberei eingestuft?

Das Finanzamt prüft mehrere Kriterien, um eine Tätigkeit als Liebhaberei zu qualifizieren:

  • Anhaltende Verluste: Unternehmen, die über Jahre hinweg nur Verluste ausweisen, geraten in Verdacht.
  • Fehlende Gewinnerzielungsabsicht: Liegt kein plausibles Konzept für eine nachhaltige Rentabilität vor, wird die Steuerbehörde misstrauisch.
  • Branchenübliche Rentabilität: In gewinnorientierten Branchen werden verlustbringende Unternehmen strenger geprüft.
  • Freizeit- oder Hobbycharakter: Betriebe, die mehr wie ein teures Hobby wirken.

Liebhaberei im Kontext von Schneeballsystemen und MLM-Modellen

Gerade im Bereich fragwürdiger Multi-Level-Marketing-(MLM)-Strukturen oder gar Schneeballsysteme ist die Gefahr einer Liebhaberei-Einstufung besonders hoch:

  • Fehlende nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht: Nur wenige Teilnehmer erzielen echte Gewinne, während der Großteil Verluste macht.
  • Untragbares Geschäftsmodell: Wenn Einnahmen primär aus der Rekrutierung neuer Mitglieder stammen, fehlt die wirtschaftliche Substanz.
  • Dauerhafte Verluste: Wer über Jahre hinweg Verluste einfährt, ohne geschäftliche Anpassungen vorzunehmen, kann sich kaum auf unternehmerisches Handeln berufen.

Die steuerlichen Folgen sind erheblich: Nicht nur werden Verluste nicht anerkannt, sondern es können sogar bereits gewährte Steuervergünstigungen rückwirkend zurückgefordert werden.

  • Die ursprüngliche Tätigkeit bleibt entscheidend: Eine nachträgliche Schadensbegrenzung macht eine unwirtschaftliche Tätigkeit nicht automatisch zu einem legitimen Unternehmen.
  • Rückforderungen sind keine steuerlich relevanten Einnahmen: Meist gelten sie als private Schadensersatzleistungen.
  • Unternehmerische vs. private Entscheidung: Wer privat in ein betrügerisches System investiert hat, kann sich nicht auf steuerliche Unternehmensregeln berufen.

Einziger Ausweg: Wenn nachgewiesen werden kann, dass die Tätigkeit unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt wurde und eine echte Gewinnerzielungsabsicht bestand.

Liebhaberei ist ein grenzüberschreitendes Problem?

Die steuerliche Behandlung von Liebhaberei ist in vielen europäischen Ländern ähnlich:

  • Deutschland: Mehrjährige Verluste → Verdacht auf Liebhaberei nach § 15 Abs. 2 EStG.
  • Österreich: Klare Richtlinien zur Unterscheidung zwischen steuerlich relevanter Tätigkeit und Liebhaberei.
  • Schweiz: Unterscheidung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit.
  • Frankreich, Spanien, Niederlande: Vergleichbare Prinzipien: Ohne erkennbares Gewinnkonzept keine steuerliche Anerkennung.

Besonders brisant: In allen Ländern gelten Schneeballsysteme als betrügerisch und wirtschaftlich unsinnig. Steuerliche Vorteile gibt es hier in der Regel nicht.

Fazit: Liebhaberei ist kein harmloses Steuerproblem

Wer seine geschäftlichen Aktivitäten nicht ernsthaft wirtschaftlich betreibt, riskiert nicht nur Steuernachteile, sondern auch erhebliche Rückforderungen. Gerade im Bereich unsicherer Investments oder MLM-Modelle kann die Einstufung als Liebhaberei zur finanziellen Katastrophe führen.

Die wichtigste Regel lautet daher:

  • Ein nachvollziehbares Geschäftskonzept mit erkennbarer Gewinnerzielungsabsicht.
  • Professionelle Unternehmensführung mit klarem Kosten- und Umsatzmanagement.
  • Steuerliche Beratung im Vorfeld, um Risiken frühzeitig zu identifizieren.

Denn wer das Thema Liebhaberei auf die leichte Schulter nimmt, könnte am Ende teuer dafür bezahlen.

Bildquellen: ZDF, Lindt

Hinweis: Und wie immer gilt, die Betroffenen können sich gerne dazu äußern, oder wenn jemand mehr oder andere Informationen dazu hat, kann er sie uns gerne mitteilen. Wir sind nicht daran interessiert, falsche Behauptungen aufzustellen und unser vorrangiges Ziel bleibt die Bereitstellung einer vollständigen Dokumentation.

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