Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 8. Juni 2023 – Marketer ist Verbraucher und hat Anspruch auf Rückerstattung! 

Vertreter der Europäischen Kommission, der italienischen und rumänischen Regierung haben eine weitreichende Entscheidung beim EuGH erreicht!  

Dass alle Marketer selbständige Unternehmer seien, so argumentieren seit vielen Jahren die Anwälte von Hubert Freidl’s Lyoness, demnach hätten sie auch keinen Anspruch auf Rückerstattung.  

Nach Hunderten Urteilen in Österreich hat erstmals der EuGH (Europäische Gerichtshof) in der Rechtssache C-455/21 mit dem Beschluss vom 8. Juni 2023 ein klares und internationales Zeichen gesetzt! 

Bei der Verhandlung waren neben dem Kammerpräsidenten selbst, noch drei weitere Richter mit der Beschlussfassung betraut.  

Es lagen zur Urteilsbildung schriftliche Erklärungen vor, von 

  • Vertretern der Lyoness Europe AG,  
  • der rumänischen Regierung, vertreten durch E. Gane und L. Liţu als Bevollmächtigte, 
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Greco, Avvocato dello Stato und 
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Boitos und N. Ruiz García als Bevollmächtigte 

Nach Anhörung der Generalanwältin hierzu erging der besagter Beschluss:

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) – Fünfte Kammer – vom 8. Juni 2023 hat wesentliche Fragen bezüglich des Verbraucherschutzes und der Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG geklärt. Es wirft einen detaillierten Blick auf die Geschäftspraktiken von Lyoness, auch bekannt als Lyconet und myWorld und seine mögliche Klassifizierung als Schneeballsystem.  

Dieser Beitrag soll das Lyoness Urteil und seine Auswirkungen für Geschädigte verständlich erklären.  

Was ist die Richtlinie 93/13/EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) – Verbraucherschutz in der EU? 

Die Richtlinie 93/13/EWG zielt darauf ab, Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln in Verbraucherverträgen zu schützen. Sie definiert den Verbraucher als eine natürliche Person, die außerhalb ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt. Eine Klausel, die nicht im Detail ausgehandelt wurde, wird als missbräuchlich angesehen, wenn sie zu einem erheblichen Ungleichgewicht der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien führt.  

Im Fall von Lyoness war das Geschäftsmodell, das Cashback- und Empfehlungsmarketing beinhaltet, in verschiedenen Ländern unterschiedlich bewertet worden, wobei auch die Klassifizierung als Schneeballsystem vorgenommen wurde. Vor allem aber wurden die Mitglieder aus dem Cashback- und Empfehlungsmarketing schnell anderen Geschäftsbereichen zugeführt und mit der Bezeichnung „Marketer“ einer vermeintlichen Selbstständigkeit ausgesetzt.  

Dieser Fall liegt dem EuGH-Urteil zu Grunde: Maschinenbauingenieur gegen Lyoness Europe AG  

Der Kläger, ein Maschinenbauingenieur ohne kommerzielle oder berufliche kaufmännische Aktivität, schloss einen Mitgliedschaftsvertrag mit Lyoness Europe ab. Dieses System bietet Mitgliedern neben Rabatten, auch andere Vorteile beim Einkauf bei verbundenen Händlern und ein passives Einkommen an. Er beanstandete mehrere Klauseln des Mitgliedschaftsvertrags als „missbräuchlich“ und klagte vor Gericht.  

Die entscheidende Streitfrage war: Wer ist ein Verbraucher und was definiert ihn als solches?  

Das Kernproblem in diesem Fall dreht sich um die Frage, wer als „Verbraucher“ im Sinne der europäischen Richtlinie gilt. Der Kläger argumentierte, er sei ein Verbraucher, da er nicht in einer kommerziellen oder beruflichen Tätigkeit handelte. Lyoness Europe argumentierte hingegen wie gewohnt, dass der Kläger im Rahmen des Systems eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübte.  

Der EuGH stellte jedoch zu Gunsten des Klägers klar: 

„Das Kunden von Lyoness nur dann keine Verbraucher sind, wenn ihre Beziehung zu Lyoness ihrer gewerblichen oder beruflichen allgemeinen Tätigkeit zuzurechnen ist.“  

Das Lyoness-Urteil: Was wurde entschieden?  

Der EuGH fällte dieses grundlegende Urteil bezüglich der Interpretation der Richtlinie 93/13/EWG und der Definition eines „Verbrauchers“. Das Gericht entschied im Wesentlichen Folgendes:  

  • Die Entscheidung in Bezug auf die Frage, ob der Kläger als „Verbraucher“ gelten kann, ist zulässig.  
  • Die Richtlinie 93/13 gewährt allen Verbrauchern Schutz, unabhängig davon, ob das Recht eines Drittlandes auf den Vertrag anwendbar ist.  
  • Das Gericht betonte, dass der Schutz durch die Richtlinie auf der Annahme basiert, dass der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition steht.  
  • Ob eine Person als „Verbraucher“ gilt, muss das nationale Gericht prüfen. Hierbei muss berücksichtigt werden, ob die Vertragsbeziehung außerhalb einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit liegt.  
  • Schließlich stellte das Gericht fest, dass eine Person nicht allein durch den Erhalt bestimmter Vorteile ihre Eigenschaft als „Verbraucher“ verliert.  

Was bedeutet das Lyoness Urteil für Geschädigte?  

Das Lyoness-Urteil hat wichtige Auswirkungen für Geschädigte und stärkt die eingebrachten Strafanzeigen inhaltlich. Es betont weiter den Schutz von Verbrauchern und stellt klar, dass eine Person nicht allein durch den Erhalt von Vorteilen ihre Eigenschaft als „Verbraucher“ verliert. Dies bedeutet für Geschädigte, die sich an Hubert Freidl’s Unternehmen ausgeliefert und in einer schwachen Position glauben, eine erhebliche rechtliche Stärkung. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass das Urteil auch Auswirkungen auf die Möglichkeit der Marketer hat, ihre eingezahlten Beiträge zurückzufordern.  

Abschließendes Resümee:  

Das Lyoness-Urteil ist ein wichtiger Meilenstein in der Interpretation der Richtlinie 93/13/EWG und in der Definition eines „Verbrauchers“. Es betont den Schutz von Verbrauchern und wird wohl als Grundlage für zukünftige Urteile dienen. Es zeigt jedoch auch die Notwendigkeit auf, dass Geschädigte sich bei Fragen oder Unsicherheiten, gut informieren sollten.  

Die ewige Erfolgsfassade von Hubert Freidl bröckelt seit seiner Verlautbarung des Börsenganges erheblich und zusehends. Was er bisher und stets benötigte waren „zahlende Verbraucher“ die seine Anwälte rechtlich als „Unternehmer“ einstuften, was Aufgrund einer schleichenden Justiz viel zu lange praktiziert werden konnte.  

Unser Rat an alle Geschädigten! Handeln Sie jetzt!    

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