Vom Milliardenvisionär zum Steuertrickser? Ermittler eröffnen die Jagd!
Von außen gibt er den visionären Unternehmer – doch hinter der glänzenden Fassade offenbart sich ein Geflecht aus Verschleierung, fingierten Transaktionen und mutmaßlicher Steuerhinterziehung. Der Fall Hubert Freidl spitzt sich dramatisch zu. Die Staatsanwaltschaft Graz ermittelt unter dem Aktenzeichen 16 ST 47/25 g.
Mancher Beobachter fühlt sich an das Schicksal von Al Capone erinnert – auch er wurde am Ende nicht für seine sonstigen Vergehen, sondern wegen Steuerhinterziehung zur Rechenschaft gezogen.
Laut einem internen Bericht des Amts für Betrugsbekämpfung (AfB) vom 26. März 2025 steht Hubert Freidl, Gründer des umstrittenen myWorld-Systems (ehemals Lyoness), unter massivem Verdacht: In den Jahren 2015, 2016 und 2021 soll er Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie geldwerte Vorteile in erheblichem Ausmaß nicht ordnungsgemäß erklärt haben. Besonders schwer wiegt dabei der Vorwurf, dass eine Einbringung von Kapitalanteilen an der Lyoness Group AG im Jahr 2017 lediglich zum Schein erfolgt sei. Die Folge: eine mutmaßliche Steuerverkürzung von rund 27,9 Millionen Euro, allein für dieses Jahr.
Fingierte Aktiengeschäfte und nicht erklärte Millionen
Ein weiterer brisanter Punkt betrifft den angeblichen Verkauf von Aktien der myWorld 360 AG im Dezember 2020. Der vertraglich vereinbarte Kaufpreis: 7,2 Millionen Euro. Doch laut Finanzamt floss kein Geld – stattdessen wurden Stundungsvereinbarungen geschlossen, die bis Ende 2023 reichten. Eine steuerliche Erfassung der Einnahmen blieb aus. Das Ergebnis: eine Nachforderung von 1,7 Millionen Euro an Kapitalertragsteuer für das Jahr 2021.
Wohnsitzverlagerung nach Monaco – zu spät offengelegt
Auch Freidls Umzug ins Steuerparadies Monaco wirft Fragen auf. Zwar gab er in einer Besprechung im Februar 2024 an, bereits 2016 dorthin verzogen zu sein. Der österreichischen Finanzbehörde wurde dieser steuerlich relevante Sachverhalt jedoch erst acht Jahre später offiziell gemeldet, ein klarer Verstoß gegen § 27 Abs. 6 EStG, der auch einen Wegzug als steuerlich relevante „Veräußerung“ einstuft, insbesondere wenn dadurch das österreichische Besteuerungsrecht eingeschränkt wird.
Die Konsequenz: Auch hier hätte eine Kapitalertragsteuer von fast 28 Millionen Euro angesetzt werden müssen, doch eine Erklärung blieb aus.
Lückenhafte Angaben und unterlassene Meldungen
Bereits in den Jahren 2015 und 2016 nutzte Freidl laut den Akten eine Wohnung unentgeltlich, deklarierte den geldwerten Vorteil jedoch nur unvollständig. Auch in diesem Punkt fordert das Finanzamt eine Nachzahlung, rund 69.000 Euro an Einkommensteuer. Angesichts eines offiziell erklärten Einkommens von rund 284.000 Euro (2015) und 410.000 Euro (2016) mögen diese Beträge vergleichsweise gering erscheinen, doch sie fügen sich in ein Gesamtbild aus systematischer Unterlassung, Täuschung und mutmaßlicher Verschleierung.
Behördenverdacht: Manipulation von Dokumenten
Besonders schwerwiegend sind die Vorwürfe, dass Freidl zur Täuschung der Steuerbehörden gezielt falsche oder verfälschte Urkunden sowie manipulierte Daten eingesetzt habe. Die Scheintransaktion rund um die Lyoness Group AG sei bewusst inszeniert worden, um eine tatsächliche Steuerpflicht zu verschleiern.
Geschäftsmodell unter Druck – Kritik an myWorld-Plattform
Parallel zu den steuerlichen Ermittlungen geraten auch Freidls Geschäftsmodelle erneut in die Kritik. Das über Jahre propagierte Versprechen von „passivem Einkommen“ und „finanzieller Freiheit“ erscheint immer mehr als Trugbild. Bereits in der Vergangenheit wurden Bestandteile des Systems mehrfach als illegales Schneeballsystem eingestuft.
Die Einführung neuer 49-Euro-Pakete im März 2025 wird von Branchenexperten als letzter Versuch gewertet, das bröckelnde System künstlich am Leben zu erhalten. Besonders in der Kritik steht die interne Handelsplattform für myWorld-Aktien: keine Dividenden, keine reale Handelbarkeit, keine Aufsicht. Ein ehemaliger Chief Trader von Goldman Sachs kommentierte das Konstrukt mit einem einzigen Wort: „Bullshit.“
Ausweitung der Ermittlungen – auch Top-Marketer im Fokus
Die Finanzermittlungen könnten bald auch jene treffen, die das System an vorderster Front vermarktet haben. Die oft bemühte Verteidigung, man sei „nur Vertriebspartner“ gewesen, dürfte angesichts der aktuellen Faktenlage kaum noch tragfähig sein.
Die von vielen propagierte Euphorie erweist sich zunehmend als das, was sie offenbar ist: ein letzter Versuch, den Schein zu wahren, bevor das System endgültig kollabiert.
Vom Milliardenvisionär zum Steuerflüchtigen?
Noch im Januar 2025 hatte sich Freidl bei internen Veranstaltungen reumütig gezeigt, räumte Managementfehler und Kommunikationsprobleme ein, doch das Bild des genialen Unternehmers hielt er weiterhin aufrecht. Die nun veröffentlichten Erkenntnisse zeichnen wieder einmal ein anderes Porträt: jenes eines Unternehmers, der mutmaßlich über Jahre hinweg seine steuerlichen Pflichten verletzt, Behörden getäuscht und sein gesamtes Geschäftsmodell auf wackeligen Fundamenten errichtet hat.
Der Fall Freidl wird die Justiz und Öffentlichkeit noch lange beschäftigen. Die Unschuldsvermutung gilt, doch die Faktenlage ist erdrückend.
Hinweis: Und wie immer gilt, die Betroffenen können sich gerne dazu äußern, oder wenn jemand mehr oder andere Informationen dazu hat, kann er sie uns gerne mitteilen. Wir sind nicht daran interessiert, falsche Behauptungen aufzustellen und unser vorrangiges Ziel bleibt die Bereitstellung einer vollständigen Dokumentation.
Dieser Artikel basiert auf öffentlich zugänglichen Informationen, insbesondere dem Bericht des Amts für Betrugsbekämpfung vom 26.03.2025. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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